LMIV - Lebensmittelinformationsverordnung - Die Werbung für Lebensmittel

LMIV beschränkt Werbung für Lebensmittel


Für Lebensmittel und insbesondere Nahrungsergänzungsmittel sind neben der Health-Claims-Verordnung auch die Werbebeschränkungen der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) zu beach-ten. Die LMIV verbietet die Verwendung von Informationen in der Lebensmittelwerbung, die Verbraucher über Merkmale des Lebensmittels, seine Wirkungen oder Eigenschaften irreführen würden. Diese Aussage gilt auch für medizinische Eigenschaften, die einem Lebensmittel zugeschrieben werden. Nach Art. 7 I LMIV sind verschiedene Arten der Irreführungen verboten. Dieses Irreführungsverbot gilt auch für die Werbung (Art. 7 Iva) LMIV).


Verstöße gegen die LMIV werden oft mit einer Abmahnung im Wettbewerbsrecht oder mit einem einstweiligen Verfügungsverfahren verfolgt.

Irreführungsverbot nach Art. 7 III LMIV in Bezug auf Krankheiten


Grundsätze der LMIV

Nach Art. 7 Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) dürfen Informationen über Lebensmittel (Definition in Art. 2 Ia) LMIV i.Vm. Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 - Lebensmittelbasisverordnung) nicht irreführend sein. Dieses Irreführungsverbot gilt auch für die Werbung (Art. 7 Iva) LMIV). 

Nach Art. 7 III LMIV dürfen Lebensmitteln keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben werden. Damit soll verhindert werden, dass das Lebensmittel als Arzneimittelersatz angesehen wird, mit dem eine wirksame Selbstbehandlung möglich ist. Das Irreführungsverbot gilt auch für die Werbung.


Krankheitsbezogene Aussage im Sinne der LMIV

Eine Aussage ist krankheitsbezogen, wenn sie dem angesprochenen Verbraucher direkt oder indirekt suggeriert, das Lebensmittel, für das geworben wird, könne zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit beitragen (OLG Frankfurt v. 12.9.2019 - 6 U 114/18 – Anti-Hangover-Drink).


Eine bestimmte Krankheit muss nicht konkret benannt werden. Eindeutige Umschreibungen einer Krankheit reichen aus, beispielsweise, wenn Symptome beschrieben werden und dabei ein mittelbarer Bezug zu einer bestimmten Krank-heit hergestellt und nicht nur die gesundheitsfördernde Wirkung hingewiesen wird. Wenn für ein Nahrungsergänzungsmittel blickfangmäßig mit der Aussage „Harnwegs und Prostatastörungen“ beworben wird, so handelt es sich um krankheitsbezogene Angaben (KG Berlin v. 4.10.2022 – 5 U 1023/20 - Krankheitsbezogene Werbeaussagen für ein Nahrungsergänzungsmittel zur Einnahme bei Harnwegs- und Prostatastörungen).


Unter Krankheit ist jede Störung der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers zu verstehen, auch wenn diese nur geringfügige oder vorübergehend sind (OLG Frankfurt v. 12.9.2019 - 6 U 114/18 – Anti-Hangover-Drink). Auch leichte oder vorübergehende Störungen der normalen Beschaffenheit oder der normalen Tätigkeit des Körpers, die geheilt, das heißt beseitigt oder gelindert werden kann und die nicht nur eine normale Schwankung der Leistungsfähigkeit darstellt, sind Krankheite. Eine krankheitsbezogene Werbung liegt bereits dann vor, wenn bei einem durchschnittlichen Verbraucher eine Information Assoziationen mit Krankheiten weckt. Eine Vorstellung, um welche Krankheit es sich genau handelt, ist nicht nötig ((OLG München v. 15.12.2022 – 29 U 386/21 - ZU JEDEM ANTIBIOTIKUM).


Beispiele
Als Krankheit wurden angesehen
•    Husten (Vgl. OLG Nürnberg v. 23.12.2014 – 3 U 1874/14 - Ingwer-Hustenbonbons)
•    Kopfschmerzen (KG v. 4.11.2016 – 5 U 3/16 - Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel mit dessen gewichtskontrollierender Wirkung)

Keine Krankheit sind natürliche physiologische Zustände. Nicht als Krankheit wurde angesehen

•    Übergewicht (OLG Frankfurt v. 10.3.2016 – 6 U 56/15 - Lipoburn)


Beispiele für  unzulässige krankheitsbezogene Aussagen nach Art. 7 LMIV
Irreführend sind die Aussagen

•    „für bewegliche Gelenke“
für ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Hagebuttenpulver (OLG Karlsruhe v. 9.12.2022 – 4 U 225/22 – für bewegliche Gelenke) 

•    „Anti-Hangover-Drink"
für ein Nahrungsergänzungsmittel, das einen "Kater" nach Alkoholkonsum vorbeugen bzw. lindern soll. Der Begriff „Hangover“ wird nicht als allgemeiner „Durchhänger“, sondern als Alkoholkater verstanden. Mit dem Wort „anti“ wird suggeriert, dass das Mittel gegen die Symptome wirken soll. Die mit übermäßigem Alkoholgenuss verbundenen Symptome („Alkoholkater“) sind als Krankheit im Sinne von Art. 7 III LMIV einzustufen. Denn ein „Kater“ ist nicht Folge des natürlichen „Auf und Ab“ des Körpers, sondern Folge eines Konsums einer schädlichen Substanz (OLG Frankfurt v. 12.9.2019 - 6 U 114/18 – Anti-Hangover-Drink).
•    "Pflanzliches Aspirin. Die Kraft der Natur gegen Schmerzen und Entzündungen"
für ein Nahrungsergänzungsmittel aus "Silber-Weiden-Rinde (KG Berlin v. 4.10.2022 – 5 U 1048/20 - Krankheitsbezogene Werbeaussagen für verschiedene Nahrungsergänzungsmittel)


Das Praktikerhandbuch zum Recht der Werbung für Arzneimittel, Werbung für Nahrungsergänzungsmittel, Werbung mit Health Claims, Werbung für bilanzierte Diäten, Werbung für Medizinprodukte und Werbung für Kosmetika - Ab sofort im Buchhandel oder bei Amazon


Werbung für gesundheitsbezogene Produkte ist rechtlich besonders reglementiert. Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an gesundheitsbezogene Aussagen. Werbung für Arzneimittel und andere Heilmittel, Medizinprodukte, Nahrungsergänzungsmittel, bilanzierte Diäten und Kosmetika ist außerdem durch spezielle Gesetze und Verordnungen eingeschränkt. Die Gefahr von Abmahnungen und Rechtsstreitigkeiten ist bei diesen Produkten besonders hoch. Das Buch stellt die aktuelle Rechtslage anhand  mehrerer hundert Beispielen aus der Rechtsprechung dar.


Aus dem Inhalt:

  • Auswahl von Begriffen, Texten und Medien
  • Werbung mit Marken
  • Allgemeine wettbewerbsrechtliche Grundsätze, irreführende und vergleichende Werbung, Werbung mit Preisen und Rabatten
  • Suchmaschinenoptimierung und Suchmaschinenwerbung, Social Media- und Influencer-Marketing
  • Generelle Anforderungen an gesundheitsbezogene Werbung
  • Heilmittelwerberechtliche Verbote und Einschränkungen
  • Werbung für Arzneimittel, Arzneimittelpreisbindung, Werbung mit Rabatten und Zugaben
  • Werbung für Medizinprodukte
  • Werbung für Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere HEALTH CLAIMS
  • Werbung für bilanzierte Diäten
  • Werbung für kosmetische Mittel


Zum Inhaltsverzeichnis


1. Auflage November 2024, 408 Seiten, XchangeIP Verlag, erhältlich im Buchhandel oder bei Amazon

ISBN 978-3-00-079406-3



Irreführungsverbot über Eigenschaften nach Art. 7 I a) LMIV

Informationen über Lebensmittel dürfen nach Art. nicht irreführend sein in Bezug auf die Eigenschaften des Lebensmittels, insbesondere in Bezug auf Art, Identi-tät, Eigenschaften, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprungsland oder Herkunftsort und Methode der Herstellung oder Erzeugung. Zu diesen Eigenschaften zählt auch die Verzehrmenge.


Beispiel (OLG München v. 5.8.2021 – 29 U 1726/21 – Nachen für die Schönheit)
Irreführend ist es, für ein hochdosiertes Cholecalciferol (Vitamin D) enthaltendes Nahrungsergänzungsmittel in Form von Gummibärchen zu werben mit

„Naschen für die Schönheit“

wenn bereits beim Verzehr von zwei Gummibärchen eine Menge erreicht wird, für das Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) eine ärztliche Überwachung empfiehlt. Denn der Begriff „naschen“ suggeriert ein zeitnahes Genießen „Stück für Stück.


Irreführung über Lebensmittelkategorie


Zu den Eigenschaften eines Lebensmittels gehört auch die Zugehörigkeit zu einer Produktkategorie (BGH v. 13.7.2023 – I ZR 68/21 – Bakterienkulturen). Irreführend ist daher die Bezeichnung als „bilanzierte Diät“ für ein Produkt, das die Voraussetzungen eines diätetischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke nicht erfüllt.


Beispiel 
Eine Werbung für Kapseln bei Reizdarmsyndrom mit den Worten

„zum Diätmanagement“

suggiert ein Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke. Die Werbung ist irreführend, wenn das Produkt die Voraussetzungen eines solchen Produktes nicht erfüllt (BGH v. 13.7.2023 – I ZR 68/21 – Bakterienkulturen; ebenso KG Berlin v. 2.1.2024 – 5 U 1015/20 – Inverkehrbringen eines Lebensmittels zu besonderen medizinischen Zwecken bei Herpes Simplex).



Irreführungsverbot über nicht vorhandene Wirkungen oder Eigenschaften nach Art. 7 I b) LMIV


Werbung für Lebensmittel dürfen nach Art. 7 I b) LMIV auch nicht insoweit irreführend sein, als sie dem Lebensmittel Wirkungen oder Eigenschaften zuschreibt, die es nicht besitzt. Allerdings gelten hier nicht die strengen Anforderungen der gesundheitsbezogenen Werbung. Eine wissenschaftliche Absicherung der beworbenen Wirkung ist aber dann erforderlich, wenn die Werbung selbst auf Studien hinweist und der Verbraucher sie so versteht, dass die Wirksamkeit des Mittels wissenschaftlich abgesichert ist. Der wissenschaftliche Beleg kann sich im Anwendungsbereich der LMIV schon aus einer einzelnen Arbeit ergeben, wenn diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruht (OLG München v. 20.05.2021 – 29 U 536/20 – Beauty-Drink). 


Beispiel (OLG München v. 20.05.2021 – 29 U 536/20 – Beauty-Drink)
Für einen als Nahrungsergänzungsmittel vertriebenen „Beauty Drink“, der die Wirkbestandteile Kollagen-Peptid (Verisol) und Glucosylceramide (Ceramosides Powder Neutra) enthielt, wurde in den Zeitschriften „freundin“ und „Harper’s BAZAR“ mit dem folgenden Text geworben:
„Über die Inhaltsstoffe von „A4 […]“:


„Kollagen gibt der mittleren Hautschicht (Dermis) Struktur, Ceramide sind ein wichtiger Bestandteil der Oberhaut (Epidermis), die sich in jungen Jahren wie ein straffes Segel über die Dermis spannt. Ceramide halten die Haut feucht, die Kollagenfasern dadurch elastisch und reduzieren nachweislich die Faltenbildung, so das Ergebnis einer neuen Studie“,


Angesichts des Bezugs auf eine „Studie“ erwartet der Verbraucher einen wissenschaftlichen Nachweis der behaupteten Wirkung der Kombination von Ceramiden und Kollagen. Da eine solche Studie nicht vorlag, war die Aussage irreführend.


Wer ist verantwortlich für irreführende Lebensmittelwerbung nach der LMIV?


Nach Art. 8 Abs. 1 LMIV ist für Information über ein Lebensmittel derjenigen Lebensmittelunternehmer verantwortlich, unter dessen Namen oder Firma das Produkt vermarktet wird. Dabei ist nicht entscheidend, welcher Lebensmittelunternehmer das Produkt dem Endverbraucher anbietet oder zwischen welchen Parteien ein Kaufvertrag über den Erwerb des Lebensmittels zustande kommt, sondern unter wessen Namen es auf dem Endverbrauchermarkt erscheint. Damit sollen Handelsunternehmen entlastet und nicht für solche Umstände zur Verantwortung gezogen werden, die nicht in ihrem Geschäfts- bzw. Einflussbereich liegen; ihre Verantwortung soll sich auf den von ihnen kontrollierten Einflussbereich beschränken (OLG Düsseldorf v. 6.8.2015 – I-2 U 11/15 – Hängewangen). Als Lebensmittelunternehmer nach Art. 8 I LMIV kann auch der Betreiber eines Teleshopping-Senders mitverantwortlich sein, wenn in einer Teleshopping-Sendung der Moderator dem Vertreter des Herstellers gezielte Fragen stellt, damit der Vertreter des Herstellers seine unzulässigen Behauptungen platzieren kann (vgl. OLG Düsseldorf v. 6.8.2015 – I-2 U 11/15 – Hängewangen).



Unsere Leistungen im Rahmen der LMIV


Prüfung anhand der LMIV und rechtliche Durchsetzung Ihrer Interessen



Wettbewerbsrechtliche Abmahnung wegen Verstoß gegen LMIV

Verstoß gegen das UWG wegen Verstoß gegen LMIV - Abmahnungen von Mitbewerbern und Verbänden


Mitbewerber und Verbände wehren sich oft gegen Verstöße gegen die LMIV und beanstanden diese mit einer Abmahnung im Wettbewerbsrecht. mit Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Gerichtliche Verfahren werden meistens in einstweiligen Verfügungsverfahren geführt. Hier kommt es auf Details an. Sprechen Sie uns an.

Ihr Rechtsanwalt - Thomas Seifried, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Anwalt für Wettbewerbsrecht Thomas Seifried hat über 20 Jahre Erfahrung im Wettbewerbsrecht mit zahlreichen nachgewiesenen Erfolgen und ist seit 2007 auch Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er berät und vertritt seit vielen Jahren Unternehmen der Gesundheits- und Kosmetikbranche.


Fragen? Jetzt anrufen 0800 8765544 (gebührenfrei)

Nehmen Sie Kontakt auf

Rufen Sie uns an unter der gebührenfreien Telefonnummer 0800 8765544

oder schreiben Sie uns:

Jetzt gebührenfrei anrufen 0800 8765544

Kontaktformular