Für Apotheken gilt eine strenge Preisbindung für verschreibungs- und apothekenpflichtige Arzneimittel. Die pharmazeutischen Unternehmen (Hersteller) müssen bei dem Vertrieb von Arzneimitteln einen einheitlichen Abgabepreis sicherstellen (§ 78 II Arzneimittelgesetz (AMG) i. V. m. §§ 1 I und IV, 3 Arzneimittelpreisverordnung). Diese Preisbindung ist nach der Rechtsprechung angesichts des noch geringen Marktanteils ausländischer Arzneimittelversender nach der Rechtsprechung weiterhin zumutbar (BVerwG v. 9.7.2020 – 3 C 20.18).
Ein Preiswettbewerb für verschreibungspflichtige Arzneimittel findet allein zwischen den pharmazeutischen Unternehmern statt. Diese dürfen ihre Preise ohne staatliche Preisvorgaben festsetzen. Haben sie allerdings einen Preis festgesetzt, müssen sie diesen gegenüber den Apotheken einheitlich verlangen. Außerdem sollen Preisnachlässe in das System der Krankenversicherung fließen und so den Versicherten zugutekommen. Schließlich soll verhindert werden, dass Preisnachlässe Apotheker in ihrem sonstigen Bestell- und Beratungsverhalten beeinflussen und dadurch die Volksgesundheit gefährden (vgl. OLG Stuttgart v. 5.9.2013 – 2 U 155/12 – Verblisterung).
Für verschreibungspflichtige (vgl. § 1 IV AMPreisV) Arzneimittel gilt die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Die AMPreisV soll im öffentlichen Interesse eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sicherstellen, indem auf der letzten Handelsstufe, also im Verhältnis zwischen Apotheker und Verbraucher, der Preiswettbewerb für verschreibungspflichtige Arzneimittel begrenzt wird (BGH v. 5.3.2015 – I ZR 185/13 – Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister). Für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel (OTC-Arzneimittel) gibt es keine Preisbindung (§ 78 II 3 AMG, § 1 IV AMPreisV). Hier gilt grundsätzlich ein Preiswettbewerb in den Grenzen gemäß § 7 HWG i. V. m. § 78 III 1 AMG.
Das heilmittelwerberechtliche Verbot der Werbegaben wirkt sich auch auf die Preise aus. Maßstab sind zunächst die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften, ob Rabatte und Skonti heilmittelwerberechtlich verbotene Werbegaben darstellen. Liegen keine Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Preisvorschriften vor, sind Rabatte und Skonti auch nicht nach § 7 I 1 HWG unzulässig, weil der Ausnahmetatbestand des § 7 I Nr. 2 a) HWG eingreift (BGH v. 5.10.2017 – I ZR 172/16 – Großhandelszuschläge).
Das Verbot der Werbegaben nach § 7 HWG geht aber über die arzneimittelrechtlichen Preisvorschriften hinaus: Trotz arzneimittelrechtlicher Zulässigkeit kann eine Zuwendung ein heilmittelwerberechtlich unzulässiger Rabatt sein.
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Aus dem Inhalt:
1. Auflage November 2024, 408 Seiten, XchangeIP Verlag, erhältlich im Buchhandel oder bei Amazon
ISBN 978-3-00-079406-3
Für verschreibungspflichtige (Fertig-)Arzneimittel und die zwar nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtigen (Fertig-)Arzneimittel, die zulasten der ge-setzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, setzt die AMPreisV einheitliche Apothekenabgabepreise fest.
Ausländische Versandapotheken sind nicht an den einheitlichen Apothekenab-gabepreis gebunden, weil das deutsche Arzneimittelpreisrecht die Wirkung einer europarechtswidrigen Einfuhrbeschränkung hat (EuGH v. 19.10.2016 – C-148/15 – DocMorris/Deutsche Parkinson Vereinigung). Die zum 11.5.2019 eingeführte Regelung des § 78 I 4 AMG a. F., wonach die Arzneimittelpreisverordnung auch für aus dem Ausland eingeführte Arzneimittel gilt, wurde nach dem Urteil des BGH v. 20.2.2020 – I ZR 5/19 – Sofort-Bonus II mit Wirkung vom 15.12.2020 wieder gestrichen. Ein inländisches pharmazeutisches Unternehmen ist bei der Belieferung ausländischer Versandapotheken mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln daher nicht an den einheitlichen Her-stellerabgabepreis gebunden, und zwar auch dann nicht, wenn die Arzneimittel für den deutschen Markt bestimmt sind (OLG Düsseldorf v. 16.5.2019 – I-20 U 126/18 – Anbieten, Ankündigen oder Gewähren von Preisnachlässen auf den Herstellerabgabepreis gegenüber einer in den Niederlanden ansässi-gen Apotheke).
Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind von der Preisbindung ausgenommen, § 1 IV AMPreisV.
Es besteht keine Preisbindung, wenn ein Apotheker Teilmengen aus Fertigarzneimitteln abgibt (Auseinzelung, § 1 III 1 Nr. 7 AMPreisV). Eine Voraussetzung ist, dass Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleiben (BGH v. 5.3.2015 – I ZR 185/13 – Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister).
Es besteht keine Preisbindung, wenn ein Apotheker Teilmengen aus Fertigarzneimitteln abgibt (Auseinzelung, § 1 III 1 Nr. 7 AMPreisV). Eine Voraussetzung ist, dass Darreichungsform, Zusammensetzung und Stärke unverändert bleiben (BGH v. 5.3.2015 – I ZR 185/13 – Patientenindividuell zusammengestellte Arzneimittelblister).
Auch für Abgaben von Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen müssen Apotheker weder die Preise und Preisspannen der AMPreisV einhalten, noch müssen Apotheker oder pharmazeutische Unternehmer einen einheitlichen Apothekenabgabepreis verlangen (vgl. § 1 III 1 Nr. 8 AMPreisV).
Nach der Arzneimittelpreisverordnung gibt es weitere Ausnahmen von der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel, und zwar bei Abgaben durch Krankenhausapotheken, außer es handelt sich um parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie zur ambulanten Versorgung (§ 1 III 1 Nr. 1 AMPreisV).
Nicht preisgebunden ist auch die Abgabe
Diese Ausnahmeregelung gilt ausschließlich für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen, die als Rezepturarzneimittel nur in der Apotheke zubereitet werden können. Fertigarzneimittel, die die Ärzte oder – nach entsprechender Schulung – die Patienten selbst vor der Verabreichung nach den Fachinformationen patientenindividuell dosieren, gegebenenfalls zu einer Trägerlösung hinzugegeben und so in seine anwendungsfähige Form überführen können (Rekonstitution), werden nicht von der Ausnahmevorschrift erfasst. Für solche Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen wiederum gilt die Preisbindung (OLG Hamburg v. 21.1.2021 – 3 U 100/20 – Preisbindung bei Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen). Rabatte für Fertigarzneimittel in parenteralen Zubereitungen dürfen daher nur dann gewährt werden, wenn bereits der Lieferung des Fertigarzneimittels in parenteraler Zubereitung durch den pharmazeutischen Unternehmer eine entsprechende ärztliche Verordnung zugrunde liegt (vgl. OLG Hamburg v. 21.1.2021 – 3 U 100/20 – Preisbindung bei Fertigarzneimitteln in parenteralen Zubereitungen).
Aus der Preisbindung für apothekenpflichtige Arzneimittel folgt auch ein grundsätzliches Rabattverbot: Rabatte oder sonstige Vergünstigungen bei der Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln an Verbraucher sind unzulässig. Denn nach dem
Heilmittelwerbegesetz (§ 7 I Nr. 1 HWG) sind Zuwendungen und Werbegaben verboten, wenn sie gegen die Preisvorschriften aufgrund des Arzneimittelgesetzes verstoßen (§ 78 AMG i. V. m. AMPreisV). Was arzneimittelpreisrechtlich verboten ist, kann § 7 I HWG nicht erlauben.
Gegen diese arzneimittelrechtliche Preisbindung verstößt ein Apotheker nicht nur, wenn er ein preisgebundenes Arzneimittel zu einem anderen als dem nach der Arzneimittelpreisverordnung zu berechnenden Preis abgibt. Die arzneimittelrechtliche Preisbindung verbietet es auch, die Abgabe eines preisgebundenen Arzneimittels zu dem vorgeschriebenen Preis mit einem wirtschaftlichen Vorteil zu koppeln, durch den das Arzneimittel günstiger wirkt. Der Wert des Vorteils ist irrelevant. Auch geringwertige Zugaben sind daher bei der Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln an Verbraucher unzulässig, beispielsweise ein Gutschein für ein Brötchen (BGH v. 6.6.2019 – I ZR 206/17 – Brötchen-Gutschein).
Beispiele unzulässiger Zuwendungen bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel
Autor: Thomas Seifried, Rechtsanwalt für Heilmittelwerberecht und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
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Rechtsanwalt für Heilmittelwerberecht Thomas Seifried hat über 20 Jahre Erfahrung im Wettbewerbsrecht mit zahlreichen nachgewiesenen Erfolgen und ist seit 2007 auch Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Er berät und vertritt seit vielen Jahren Unternehmen der Gesundheits- und Kosmetikbranche.
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